Der Riesenschnauzer

Die geschichtliche Entwicklung

Der Riesenschnauzer gehört zu der Pinscher und Schnauzer Familie, deren Ursprünge sich weit bis ins 14. Jahrhundert zurückverfolgen lassen. Immer wieder finden sich Radierungen und andere künstlerische Darstellungen von Hunden, die den Betrachter unschwer an den glatthaarigen und rauhaarigen Pinscher erinnern.
Seit undenklichen Zeiten teilt dieser typische Hundeschlag das Leben der landwirtschaftlichen Bevölkerung im Süddeutschen Raum, wobei der ursprüngliche glatthaarige oder rauhaarige Pinscher ein Schultermaß von etwa 50 cm hatte und in verschiedenen Farbvariationen von Braun über Grau bis Schwarz verbreitet war. Die Hunde waren als Rattenfänger bekannt, und wurden im wesentlichen als Wachhunde und Raubzeugtöter gehalten wurden. Aus diesem Ausgangsmaterial schuf die moderne Kynologie klar umrissene Rassen von Pinschern und Schnauzern verschiedener Größe, Fellart und Farbe.
Der größte Vertreter dieser heutigen Rassen ist der Riesenschnauzer, dessen Geschichte sicherlich ebenso alt ist wie die seiner mittleren und kleinen „Verwandten“, aber eben unklarer. Viel ist über seine Abstammung gerätselt  und geschrieben worden.
Sicher ist jedoch nur, dass der Ursprungsschlag seine Heimat nördlich der bayerischen Alpen, im Oberland zwischen Lech/Isar/Inn und vielleicht auch im Allgäu  und in Oberösterreich hatte. Die Hauptaufgabe der Hunde dürfte es gewesen sein, den Hof zu bewachen, die Schweine- und Rinderherden im Frühjahr auf die Almen zu treiben und im Herbst und frühen Winter die Wildschweinjagd zu unterstützen. Aus den 30 Jahren des vorigen Jahrhunderts stammen Begriffe wie „Saubeller“, „Saufinder“. Die Beschreibungen zu diesen Hunden gelten einem starken, drahthaarigen Hund mit großer Ähnlichkeit zum Drahthaarpinscher, der aber wesentlich größer und stärker gewesen sein muß.
Die so beschriebenen Hunde lebten wohl eher isoliert auf den Höfen des Hochlandes und waren damals als „Oberländer“ bekannt. Der Oberländer, aus dem sich dann später der Riesenschnauzer entwickelte, könnte ebenso wie andere große Hunderassen zurückgehen auf molossernahe Rassen, die von Legionären bereits vor über 2000 Jahren importiert wurden. Ebenso wird vermutet, dass zusätzlich ein eher wolfsähnlicher Hundetyp in die Gegend einwanderte und bei dem Selektionsprozess eine Rolle gespielt haben könnte.
Wie bei anderen Rassen auch waren beim frühen Riesenschnauzer sicher auch Blutanteile anderer Großhunde vorhanden, wie dies eben bei allen Rassen der vorkynologischen Zeit der Fall gewesen ist, d.h. bis die Reinzucht begann. Der gewünschte Typ aber konnte nur durch Hunde gefestigt werden, die dem Rassebild des Riesenschnauzers entsprachen.
Aber der Weg des Riesen von den entlegenen Gehöften zu Popularität und Ruhm war nicht einfach. Ausdrücke wie „Bierschnauzer“ und „Münchener Schnauzer“ vermögen nur wage den Weg zu deuten, den der Riesenschnauzer bis zu seinem Durchbruch zurückzulegen hatte. Fand man ihn doch zunächst vornehmlich in München und den dort ansässigen Brauereien vor, wenn er mit Bierfässern beladene Pferdefuhrwerke begleitete.
In jener Zeit wurde im süddeutschen Raum der Begriff „Drahthaarpinscher“ aufgegeben und durch den Begriff „Schnauzer“ ersetzt.
Seine offizielle Anerkennung als eigene Rasse erhielt der Riesenschnauzer 1909, als er erstmals auf einer Ausstellung in München vorgeführt wurde.  Mit einer Ausnahme kamen alle damals ausgestellten Hunde aus München, was wohl der Grund dafür war, dass man ihnen in dem folgenden Zuchtbuch des Pinscher Klub den Namen „Münchener Schnauzer“ gab. Die damals vorgeführten Hunde waren noch ein Durcheinander von Typen, Farben, Haarvariationen und Größen. Erst nach und nach setzte sich durch gezielte Verpaarung von übergroßen Mittelschlägen und Oberländern  sowie bewusste Selektion interessierter Züchter ein einheitliches Bild des Riesenschnauzers durch. Der 1923 herausgegebene Rassestandard besiegelte die Zukunft des Riesenschnauzers. Denn gleich zu Anfang heißt es dort: „ Der Riesenschnauzer soll das möglichst genaue, erheblich vergrößerte und verstärkte Abbild des Schnauzers sein.“ . Seine Widerristhöhe wurde zunächst auf 55- 65 cm festgelegt und erst 1956 auf 60-70 cm angehoben.
Aber auch den Wesens- und Charaktereigenschaften wurde allerhöchste Bedeutung beigemessen. So heißt es in der Rassebeschreibung: „ Eine trutzig-wehrhafte, wuchtige Hundegestalt. Ruhe und Besonnenheit, gepaart mit Temperament und unerschrockenem Draufgängertum, Schnelligkeit, Ausdauer und unbestechlicher Treue, dazu Widerstandsfähigkeit gegen Witterungseinflüsse- dies alles bestimmt den Riesenschnauzer zum harten, zähen Gebrauchshund, als der er ausgebildet und züchterisch weiterentwickelt werden soll.“
Die unter diesem Zuchtziel stehende systematische Zucht machte schnelle Fortschritte.

Nicht zuletzt die vorzüglichen Charaktereigenschaften des Riesenschnauzers, die ihn als Diensthund geradezu prädestinierten, führten dazu, dass er bereits 1925 als Gebrauchshunderasse anerkannt wurde. Hierbei war von entscheidendem Einfluss, dass der damalige Leiter des staatlichen Ausbildungszentrums Grünheide nahe Berlins, Oberstleutnant Schönherr, ein Riesenschnauzerfreund war und sich dort zum Teil bis zu 60 Riesen in der Ausbildung befanden. Auch die Firma Siemens & Halske in Berlin züchtete Riesenschnauzer für den Werksdienst, so dass diese Rasse in der deutschen Metropole höchstes Ansehen genoss.  Im Anschluss an die Berliner Spezialzuchtschau im Jahre 1925, auf der 16 Riesenschnauzer vorgeführt wurden, demonstrierten einige Riesen, was ihnen als Gebrauchshunde in den Sparten Fährte, Unterordnung und Schutzdienst beigebracht worden war. Hierbei hinterließen sie einen derart überzeugenden Eindruck, dass die Anerkennung nur noch im August des Jahres erfolgte.

Der Riesenschnauzer heute - ein zuverlässiger Gebrauchs- und Familienhund

Bis heute ist der Riesenschnauzer ein beliebter Diensthund, wobei sich die Einsatzmöglichkeiten entsprechend dem Wandel der Zeit vervielfältigt und auch verändert haben. Neben der herkömmlichen Diensthundetätigkeit hat er sich auch in den Bereichen der spezialisierten Spürhunde als Sprengstoff- oder Drogenspürhund etablieren können. Ebenso ist er in anderen Bereichen, z.B. als Rettungshund- oder Behindertenbegleithund, im Einsatz. Auch im Hundesport wird er nicht mehr nur im Gebrauchshundesport geführt, sondern ist vermehrt auch auf Turnierhundesportveranstaltungen oder Agilityturnieren erfolgreich. Denn aufgrund seiner Arbeitsfreude, gepaart mit einer hohen Ausbildungsfähigkeit, Kraft, Ausdauer, Schnelligkeit und Widerstandsfähigkeit in Kombination mit der angeborenen Belastbarkeit eignet sich der Riesenschnauzer bestens als allround Sporthund.
Insbesondere aber als Familienhund erfreut sich der Riesenschnauzer aufgrund seiner hervorragenden Eigenschaften und seiner sprichwörtlichen Liebe zu Kindern einer verbreiteten Beliebtheit.
Neben seinem ausgeglichenen und gutartigen Charakter zeichnet sich der Riesenschnauzer insbesondere durch seine freudige Spontaneität und Offenheit gegenüber seinem familiären Umfeld aus. Er ist ein charmanter Hund mit einem Funken Eigenwilligkeit, der nur demjenigen sein Herz schenkt, den er für würdig erachtet. Dann aber bleibt er bis an sein Lebensende ein zuverlässiger Kumpel seiner Familie. Im Umkehrschluss heißt dies aber auch, dass er Fremde zwar nicht ignoriert, jedoch ihnen gegenüber ein gesundes Misstrauen zeigt. Erst wenn er sich von den guten Absichten des Fremden überzeugt hat, ist er bereit, ihn zu akzeptieren.
Der Riesenschnauzer zeigt in vielen Situationen ein instinktiv sicheres Verhalten, das auf eigenen Entscheidungen beruht. Denn aufgrund seiner Entwicklungsgeschichte - seiner ursprünglichen Rolle als Hofhund, Viehtreiber oder Helfer bei der Wildschweinjagd, die es erforderte, dass der Riesenschnauzer nicht nur unter der Kontrolle des Menschen, sondern auch alleine auf sich gestellt gearbeitet hat – entwickelte er eine eigene Entschlusskraft, die sich nicht selten in einer Art sturer Dickköpfigkeit zeigt. Es ist daher angeraten, möglichst früh mit seiner konsequenten Erziehung zu beginnen. Er wird dann sicherlich ein zuverlässiger, treuer Kamerad, was nicht mit untertäniger Unterwürfigkeit verwechselt werden darf. Wer diese vom Riesenschnauzer erwartet, der wird enttäuscht werden. „Treue“ ist - wenn es um den Riesen geht - vielmehr in dem edlen Sinne der „Loyalität“ zu verstehen.

Rassestandard

Der Riesenschnauzer ist ein harmonisch aufgebauter, großer, kräftiger, eher gedrungen als schlank wirkender Hund von respekteinflößendem Aussehen. Der Schädel ist langgestreckt, der Kopf soll zum Körper passen. Der Stirnabsatz erscheint durch die Brauen deutlich ausgeprägt. Der Fang endet in einem stumpfen Keil. Das vollständige Scherengebiss hat 42 Zähne und ist kräftig entwickelt, gut schließend und rein weiß. Die Augen sind mandelförmig und ihre Farbe soll möglichst dunkel sein. Die hoch angesetzten, gleichmäßig getragenen, V-förmigen Klappohren liegen an den Innenseiten am Kopf an.
Die Widerristhöhe beträgt bei Hündinnen und Rüden gleichermaßen mindestens 60 cm und darf 70 cm nicht überschreiten. Gewünscht wird ein quadratischer Körperbau, kräftige und gute Bemuskelung und starke Knochen. Der Gang ist elastisch, wendig, frei und raumgreifend. Das Gangwerk läuft in diagonaler Schrittfolge ab.
Das Haar des Riesenschnauzers soll drahtig, hart und dicht sein, mit dichter Unterwolle und dem keineswegs zu kurzem, hartem, dem Körper gut anliegenden Deckhaar. Als markantes Kennzeichen bildet es am Fang den nicht zu weichen Bart und die typischen Brauen, die die Augen leicht überschatten. Die Farben des Haarkleides sind entweder rein schwarz oder pfeffer/salz. Bei letzterem sind alle Nuancen von dunklem Eisengrau bis Silbergrau zugelassen, wobei alle Farbenspiele eine den Ausdruck unterstreichende dunkle Maske aufweisen müssen, die sich harmonisch dem jeweiligen Farbschlag anpassen soll. Die Rute wurde früher kupiert und ist nunmehr naturbelassen.